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Wie Sonnenblumen im Wildgarten

architectum Ausgabe #38

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Sonnenblumenhäuser, Wien

in Österreich

Wildgarten
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Verwendete Produkte

Porotherm 38 W.i Plan, Porotherm SBZ, Argeton Fassadenplatten

Wie Sonnenblumen im Wildgarten

Diese Wohnhäuser strecken ihre Südfassade freundlich der Sonne entgegen. Mit Hilfe der sonnengelben ­Fassadenplatten Argeton schuf Architekt Luis ­Palacios ein wiedererkennbares Dorf im Stadt­erweiterungsgebiet „Wildgarten“ im zwölften Bezirk Wiens. Ein Gespräch über das menschliche Maß und innovative Materialien. 

Der „Wildgarten“ ist ein Stadterweiterungsgebiet in Wien, das sich bewusst gegen einheitliche Gebäudegrößen entschieden hat. Inmitten einer Vielfalt aus XS- bis XL-Häusern schuf das spanische Architekturbüro Arenas Basabe Palacios zuletzt elf Wohnhäuser mit 82 Wohneinheiten. Wie lange sind Sie schon an diesem Projekt beteiligt?

Luis Palacios: Das Projekt begleitet mich schon seit über zehn Jahren, als ich noch Architekturstudent war. Gemeinsam mit ein paar Kollegen nahmen wir am Europan 10 Wettbewerb teil, bei dem wir für ein zukünftiges Stadterweiterungsgebiet ein innovatives Wohnkonzept erarbeiten sollten. Erfreulicherweise gewannen wir den Wettbewerb und wurden dazu eingeladen, den Masterplan zu gestalten. Aus dem Projektteam entstand später unser Architekturbüro.

„Die keramischen Fassadenplatten überzeugen nicht nur mit ihrer kräftigen Farbe, sondern auch durch eine ausgeprägte Textur, die sich je nach Sonnenstand im Laufe des Tages ein wenig verändert.” - Luis Palacios,  Arenas Basabe Palacios

Wie lief der Prozess am Masterplan ab?

Luis Palacios: Der gesamte Prozess dauerte viele Jahre. Zunächst hieß das Projekt „Gartenhof“, dann „Gartenstadt 2.0“, später „The Commons“ und schließlich „Wildgarten“. Nachdem wir mit unserem Vorschlag im Rahmen von Europan 10 gewonnen hatten, haben wir einen Gestaltungsprozess aufgesetzt, der wie ein Spiel funktioniert. Wir definierten ein Spielbrett und die Spielregeln und spielten gemeinsam mit Akteuren aus der Stadt, den Baugruppen, Bürgern und Experten aus verschiedenen Bereichen der Stadtplanung Szenarien durch, wie ein Wohngebiet demokratisch gestaltet werden könnte. Wir haben Modelle berechnet und zahlreiche Workshops durchgeführt. Das Spiel diente als Werkzeug, das den Beteiligten die Bedürfnisse einer Stadt verständlich macht. Manchmal gibt es sehr deutliche Unterschiede und sogar Gegensätze innerhalb der verschiedenen Wünsche, aber mit diesem Spielbrett konnten wir die Szenarien praxisnah durchspielen und eine demokratische Stadt entwerfen.

Das heißt, die Bauplätze, die Sie später gestalten durften, wurden bereits von Ihnen vordefiniert?

Luis Palacios: Ja, genau. 2010 begann unsere Arbeit am Masterplan, bei der eine Gartenmatrix entstand, an der sich die Gebäude orientieren sollen. 2017 wurden wir eingeladen, unsere eigene Matrix als Architekten zu testen.

Wie kann man sich diese Matrix vorstellen?

Luis Palacios: Das funktioniert im Grunde wie ein Schachbrett aus Gärten, auf dem die Planenden später spielen dürfen. Jedes Gebäude sollte im Süden einen Garten haben. Das war ein Fixpunkt in der Planung, die Gebäude dahinter sollten frei gestaltet werden können. Unsere Sonnenblumenhäuser folgen diesem Plan: Die Tageslichträume wie Küche und Esszimmer sind nach Süden zum Grünraum ausgerichtet, die Schlaf- und Nassräume nach Norden. Nicht alle Planenden haben sich an die Vorgaben gehalten, aber das ist ja auch das Schöne daran! Das passt gut zur benachbarten Kleingartensiedlung – diese Architektur entstand ebenso fließend in einer mehr oder weniger regelmäßigen Gartenmatrix. 

Sie haben zusätzlich zur Gartenmatrix auch ein System aus verschiedenen Größen vorgegeben: Die Häuser sind nicht alle gleich groß, sondern von XS bis XL verfügbar.

Luis Palacios: Richtig. Eine demokratische Stadt braucht Häuser in verschiedenen Größen für unterschiedliche Investitionsmöglichkeiten. Mit den Häusern in verschiedenen Größen konnten wir einen schönen Übergang zwischen großen sozialen Wohnungsbauprojekten und den kleinen Häusern der benachbarten Kleingartensiedlung schaffen.

Wildgarten Sonnenblumenhäuser
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Die Häuser strahlen in hellem Gelb, reflektieren die Sonne und erzeugen eine sehr freundliche Gesamtatmosphäre. Wie entschied man sich für die Materialien?

Luis Palacios: Die gelben Fassaden verstärken die Idee der Gartenmatrix. Die Sonnenblumenhäuser sind wie Sonnenblumen der Sonne zugewandt. Die Gebäude sind abstrakt und weiß, aber die Ausrichtung nach Süden und zu den Gärten wird durch eine leuchtend gelbe Fassade verstärkt. Auch die Terrassen sind nach Süden ausgerichtet. Um dieser Idee auch eine gewisse Materialität zu verleihen, wählten wir das Produkt Argeton. Diese keramischen Fassadenplatten überzeugten uns nicht nur mit ihrer kräftigen Farbe, sondern auch durch eine ausgeprägte Textur, die sich je nach Sonnenstand im Laufe des Tages ein wenig verändert.

Unter der Fassade kam der monolithi­sche Ziegel Porotherm zum Einsatz. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Luis Palacios: Sehr gute! Ein Ziegelmauerwerk mit integriertem Vollwärmeschutz ist in Spanien ungewöhnlich. Normalerweise bauen wir Ziegelwände zwischen Betonsäulen, die separat isoliert sind. Mit dem Porotherm 38 W.i Plan war es möglich, schneller und sauberer zu arbeiten, denn der Porotherm ist ein mit Mineralwolle verfüllter Planziegel für 38 cm dicke Außenwände ohne Zusatzdämmung. Das Produkt und das System sind eine innovative und nachhaltige Wandlösung, die sich in der Praxis als effizienter als andere Lösungen erwiesen hat. Für die Bewohner dieser Häuser erzeugt der Ziegel außerdem ein sehr angenehmes Raumklima.

Wie zufrieden sind Sie nach vielen Jahren der Arbeit am „Wildgarten“ mit dem Areal und den entstandenen Häusern?

Luis Palacios: Wir besuchen die Baustelle jedes Jahr und sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Der „Wildgarten“ ist etwas ganz Besonderes. Das menschliche Maß wird respektiert, die verschiedenen Größen und die Grünflächen zwischen den Häusern schaffen Gemeinschaftsräume, sogenannte „Allmende“ oder „Commons“: Die Menschen nutzen die Außenbereiche ohne Zäune. Es ist ein autofreies Gebiet, das gut an die Stadt angebunden ist und in dem sich die Menschen frei bewegen können. Die Nachbarn, die dort wohnen, sind sehr zufrieden, ebenso wie die Bauherren, die Stadtverwaltung, die Ingenieure und alle, die an diesem Prozess beteiligt waren. Dieses Jahr, zu meinem 40. Geburtstag, habe ich meine Familie nach Wien eingeladen, um ihnen unsere Entwürfe zu zeigen, und sie waren überwältigt davon, wie die Freiflächen von so vielen Menschen gemeinsam genutzt werden. In Spanien gibt es eine so gemeinschaftliche Atmosphäre im Wohngebiet nicht wirklich, das wirkt für uns wie im Märchen.

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Daten & Fakten

Projektname: Sonnenblumenhäuser, Wien, Österreich

 

Architektur   Arenas Basabe Palacios

Bauherr   ARE (Austrian Real Estate Development GmbH)

Jahr der Fertigstellung   2020

Verwendete Produkte  Porotherm 38 W.i  Plan, Porotherm SBZ; Argeton Fassadenplatten

Gebäudetyp  Mehrfamilienhaus

Ausgabe  architectum #38

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